Bereits die zweite Gedenkveranstaltung der SPD Neugraben-Fischbek für die von den Nazis Ermordeten findet in diesem Jahr anders als in den vergangenen Jahren statt. Uns ist dieser Gedenktag wichtig und er wird nicht ausfallen – aber unter strengen Vorgaben stattfinden.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 Nacht begannen im nationalsozialistischen Deutschland direkte und gezielte Gewaltaktionen gegen die jüdische Bevölkerung. Geschäfte wurden zerstört und geplündert, Synagogen niedergebrannt, 30.000 Menschen verhaftet und verschleppt und mehr als 1.000 in dieser ersten Nacht des Grauens ermordet. Die Polizei sah tatenlos zu und nur die wenigsten Menschen hatten den Mut, den jüdischen Mitbürgern zu helfen. Diese Nacht war der Auftakt der systematischen Vernichtung der Juden, der Beginn des Holocaust mit Millionen Ermordeten.
Der Hass auf Juden brach sich Bahn und verbreitete sich epidemisch. Die Saat fiel auf einen fruchtbaren Boden. So wurden Juden seit dem Mittelalter immer wieder Opfer von Pogromen. Als Grund für die Pogrome dienten bis weit ins 20. Jahrhundert falsche Anschuldigungen. Man machte die Juden zu Sündenböcken für vieles, was im Staat falsch lief. Weil die Juden immer in der Minderheit waren, waren sie den Gewalttätern ausgeliefert.
Heute verändert ein Virus pandemischen Ausmaßes unser Alltagsleben. Wir schützen uns und alle anderen, indem wir unsere Kontakte einschränken, Masken tragen und Gruppen meiden. Das ist auch der Grund aus dem wir in diesem Jahr unsere Gedenkveranstaltung am 9.11. ‚entzerren‘, wie wir es auch schon am 15. April, dem Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen taten. Zunächst werden die beiden Vorsitzenden Beate Pohlmann und Henning Reh im Gedenken an die Ermordeten um 11 Uhr ein Gesteck an der Gedenktafel niederlegen, bevor über den Tag verteilt alle Genossinnen und Genossen der SPD Neugraben-Fischbek die Gelegenheit haben, einzeln oder im Familienverbund, einen kleinen Stein dort niederzulegen. Dabei lehnen wir uns an einen traditionellen Brauch im Judentum an: Wurde eine Bestattung vorgenommen, brachten Freunde oder Stammesverwandte einen Stein mit, um das Grab zu bedecken. Dieser Brauch hat sich bis heute gehalten. (Wir bitten darum, die Umgangsbeschränkungen wegen der Corona-Pandemie strikt einzuhalten.)
Wir erleben in unserer Lebenswelt die Zunahme der sprachlichen Verrohung, die Zunahme von Antisemitismus, Antiziganismus, Fremdenfeindlichkeit, Homophobie, wir erleben die Diskriminierung von Minderheiten. Das dürfen wir nicht tatenlos geschehen lassen. Hier müssen wir aufrecht stehen und dem Einhalt gebieten.
Wir dürfen nie aufhören, uns zu erinnern. Wir müssen aus dem Unfassbaren lernen und wir müssen uns gegen rechte Gesinnung, rechte Sprache und rechte Taten zur Wehr setzen. Gegen Corona werden die Virologen Impfstoffe entwickeln. Gegen Nazis gibt es diese bereits: Aufklärung und gelebte Erinnerung in wahrhaftiger Haltung.